Set:
Szenenwechsel zwischen einem kleinen Büroraum, in dem eine Grafikerin am Computer arbeitet und einem Arbeitsplatz in einem Großraum-Callcenter, wo eine Dame mit Headset ebenfalls vor einem Bildschirm sitzt.
In der ersten Einstellung tippt die Grafikerin gerade geschäftig auf ihrer Tastatur, als das Telefon klingelt. Sie schreibt den Satz zu Ende und nimmt das Gespräch entgegen.
„Haase?“
Leicht näselnd „Einen wunderschönen guten Tag wünsche ich Ihnen, mein Name ist *** von ***, spreche ich denn mit Frau Haase?“
Och nee! Aber bevor sie nochmal anruft… „Ja, richtig.“
Ah, ein bereitwilliges Opfer, na denn mal los mit dem Programm: „Das ist aber schön, dass ich Sie gleich persönlich erreiche! Ich wollte Ihnen gerne mitteilen, dass unser Haus zur Zeit ein Gewinnspiel veranstaltet und Ihnen hiermit die Teilnahme anbietet! Sie haben die Möglichkeit, ganz tolle Gewinne zu erhalten, dazu bräuchte ich nur sechs Glücksbuchstaben, die Sie mir jetzt nennen und die dann in den nächsten Wochen an der Verlosung teilnehmen.“
Hä, was soll das denn jetzt? Gewinnspiel? Buchstaben? „Ähm, irgendwelche Buchstaben? Dann nehme ich C, J, L, M, S, V.“
Oh Mann, das ging aber schnell, jetzt habe ich nicht aufgepasst! „Ich notiere mir das eben… Oh, stellen Sie sich vor – jetzt sehe ich gerade, dass hier am Bildschirm das V aufleuchtet -„ Verdammt, war es das V? „Das gibt es ja gar nicht! Sie hatten doch das V, nicht?“ Ja, stimmt schon – jetzt die ganze Euphorie reinhängen! „Dann habe ich jetzt eine ganz, ganz tolle Nachricht für Sie: stellen Sie sich vor – Sie haben gerade gewonnen! Wow, gerade eben diese Sekunde wurde das V gezogen, die Ziehung gilt immer nur für eine Stunde und Sie haben gewonnen! Was für ein Glück, Sie sind erst der dritte Gewinner diesen Monat!“
Nimmt die mich jetzt auf den Arm, oder was? „Ja, ganz toll, super, juhu, und was habe ich gewonnen?“
So, jetzt geht es um die Wurst – lieber schnell sprechen, damit sie es nicht gleich kapiert! „Sie haben ein vergünstigtes Jahresabonnement einer Zeitschrift Ihrer Wahl gewonnen und“ Jetzt wieder langsamer und mit Nachdruck! „einen Reisegutschein IM WERT VON 100 EURO oder wahlweise ein KOSTENLOSES Prepaid-Handy ohne Vertragsbindung und mit einem Gesprächsguthaben von 20 EURO! Was lesen Sie denn gerne? Beauty, Mode, oder eher Klatsch und Tratsch?“
Moment, moment, wie war das? Erst mal Zeit schinden zum Überlegen „Hm, das mag ich alles nicht so gerne – haben Sie auch etwas anderes?“
Häh? Was anderes? Wo ist denn bloss meine Liste… „Öh – Wissenschaft und Forschung hätte ich da noch oder Computer und Technik Mann, kann das sein? Ich habe doch eine Frau am anderen Ende! – lesen Sie denn nicht die *** oder die ***?“
Ah, jetzt ist es angekommen – ich soll hier um jeden Preis ein Abo kaufen! „Äh – nö? Ich bin Grafikerin und programmiere Webseiten, ich interessiere mich nicht so für die üblichen Frauenzeitschriften…“
Oh Gott, so ein Computerfreak mit Hornbrille und Pickeln… „Ach so, ja dann vielleicht die *** mit DVD? Da finden Sie ganz tolle Tipps zu verschiedensten Technikprodukten…“
Ja genau, sonst geht es Dir gut! Mal sehen, was wirklich dran ist am „Gewinn“! „Hm, das ist auch nicht unbedingt das, was ich brauche – gibt es das Handy denn nur in Verbindung mit dem Abo?“
Oh Mann, Rückfragen – wie erkläre ich jetzt geschickt, dass hier nichts verschenkt wird? „Ja selbstverständlich, aber Sie können nach einem Jahr von Heft zu Heft kündigen und auch jederzeit nach einem halben Jahr zu einer anderen Zeitschrift wechseln! Wie wäre es denn mit einer Fernsehzeitung, die braucht doch jeder?“
Wusste ich es doch und jetzt kommt die Verzweiflung…Vergiss es, meine Gute! „Nein, die brauchen wir leider auch nicht – ich möchte überhaupt kein Abo abschließen, dann muss ich leider auf den Gewinn verzichten.“
Mist. „Och, das ist aber schade! Sind Sie ganz sicher? Das tut mir“ ehrlich, ich hätte die Provision gut brauchen können „aber jetzt wirklich Leid! Aber vielleicht klappt es ja doch später noch mit einem Gewinn, die anderen Buchstaben haben ja noch für den Ganzen Monat eine Gewinnchance! Ich drücke Ihnen auf jeden Fall die Daumen!“
Ja klar. „Vielen Dank!“
Schon wieder nur verlorene Zeit. „Auf Wiedersehen, Frau Haase, ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag!“
Das war jetzt echt nur verlorene Zeit. „Ihnen auch, auf Wiederhören!“